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16. August 2021Interview mit Xaver Albrecht von Unitex
Dieses Jahr sind die Geschäfte im Einzelhandel mit so einigen großen Herausforderungen konfrontiert worden. Um besser verstehen zu können, womit sie sich auseinander setzen mussten, haben wir ein Gespräch mit Xaver Albrecht von Unitex geführt. In dem Interview spricht er ausführlich mit uns über den Lockdown, die Ungleichheit dabei, wie Unitex seine Mitglieder unterstützt, was das Online-Geschäft für den Einzelhandel bedeutet und wie ein Tool wie OnSight da bei der Wettbewerbsanalyse helfen kann.
Du bist Mitglied der Geschäftsleitung bei Unitex. Magst du kurz beschreiben, wie und worin Unitex den Einzelhandel unterstützt?
Wir unterstützen den stationären mittelständischen Einzelhandel in einer ganz breiten Masse an Lösungen. Wir von Unitex sind eine Verbundgruppe für den Mode-Einzelhandel. Das heißt, wir bieten verschiedene Services und Dienstleistungen an, begonnen bei der bankgesicherten Zentralregulierung.Bankgesicherte Zentralregulierung bedeutet im Endeffekt, dass wir im Hintergrund den Zahlungs- und Rechnungsverkehr zwischen dem Händler und dem Lieferanten über eine Partnerbank von uns, die RSB Retail + Service Bank, abwickeln. Aber eben zusätzlich auch mit der Rechenanlage West (raw) den ganzen Belegverkehr und die Belegarchivierung anbieten. Auf Basis des Zentralregulierungsvolumens gibt es eine Rückvergütung für den Händler, das heißt, es lohnt sich auch monetär zumeist. Wir bieten verschiedenste Sonderkonditionen bei Dienstleistern an. Wir nutzen also Skaleneffekte sehr stark bei unseren Mitgliedern, weil wir mit über 800 Mitgliedern doch ein Standing am Markt und in der Branche haben. Dadurch sind viele Dienstleister interessiert, mit uns zusammenzuarbeiten: von Strom über Versicherung und, und, und…
Und seit vielen Jahren schon unterstützen wir auch unsere Mitglieder ganz stark im Thema Digitalisierung. Wir haben viele Digitalisierungspartner, verschiedene Digitalisierungslösungen mit Top-Konditionen von Web-Shops über Kunden-Apps bis hin zum Omni-Channel-Ansatz, Verkauf auf Plattformen etc. Da bieten wir eine sehr große Plattform an Lösungen und Vorteilen für den Einzelhandel an.
Corona, Lockdown, etc. Der Einzelhandel hatte im letzten Jahr so einige große Herausforderungen zu meistern. Welcher Aspekt war deiner Meinung nach am schwierigsten? Und warum?
Am schwierigsten für den stationären Einzelhandel war ja, dass alles zu war. Es haben viele Faktoren mit reingespielt, weshalb die Geschäfte schließen mussten. Ein wichtiger Faktor dabei war die Ungleichbehandlung, wie wir finden. Die Ungleichbehandlung gegenüber anderen Branchen. Wir haben uns natürlich auch auf juristischer und politischer Ebene entsprechend für unsere Mitglieder eingesetzt gegen die Ungleichbehandlung und mit unterschiedlichen Klagen auf Wiederöffnung und auf Schadenersatz. Zum Beispiel die Testpflicht beim stationären Mode-Einzelhandel im Vergleich zum Lebensmittel-Einzelhandel oder zur Außengastro oder zu Bank etc. Auch gab es während des Lockdowns als die Flächen geschlossen waren verschiedene Öffnungsschritte, wo zum Beispiel Baumärkte mit Blumen oder Gartencentern eben öffnen durften und der mittelständische Mode-Einzelhandel eben nicht. Da gab es auch einige Entscheidungen, die unsere Meinung auf juristischer Ebene bestätigt haben, dass es sich hier um eine Ungleichbehandlung handelt und dass man da eben gleichziehen muss.
Das heißt, da muss der Mode-Einzelhandel gleichzeitig wieder öffnen oder das andere schließen. Unser Ziel war es da natürlich nie, andere Branchen zu benachteiligen, sondern einfach die Öffnungsschritte im Mode-Einzelhandel darzustellen. Und so war es eben wie in diesem Beispiel in vielen Belangen. Klar muss der Lebensmitteleinzelhandel auf haben. Aber 800 Quadratmeter Lebensmittel-Einzelhandel und 800 Quadratmeter Mode-Einzelhandel – da würde ich die Ansteckungsgefahr jetzt mal als ähnlich definieren. Ob man nun in einem einen Test braucht und im anderen nicht, das ist dann natürlich auch wieder die Frage.
Von den vielen Reglementierungen, die in den letzten Monaten zustande kamen, um den Einzelhandel in dieser schwierigen Zeit zu unterstützen, was ist deiner Meinung nach die Sinnvollste?
Man kann da eigentlich sagen, durch die Politik gab es ja von den Öffnungsschritten mal abgesehen im Endeffekt nur eine Lösung und das ist ja die Überbrückungshilfe 3. Die ist mit der Zeit auf Basis der FAQs verbessert worden, bietet aber trotzdem keinen Ersatz, sondern nur eine kleine Hilfe. Ich bin der Meinung dass im Allgemeinen von der Politik her zu wenig geholfen wurde.
Was hättest du dir gewünscht?
Da lässt sich nun im Nachhinein natürlich alles Mögliche aus der Nase ziehen. Aber ich hätte mir eine transparente und faire Beurteilung der Situation mit keiner Benachteiligung oder Bevorteilung von Branchen und einen Ausgleich auf Ergebnisebenen und nicht auf Basis der Wareneinkäufe gewünscht.
Die vielen Zeiten, in denen die Läden schließen mussten, haben für viele den Weg ins Online-Geschäft beschleunigt. Wie sieht es da aus? Entstehen nun viele kleine Online-Shops?
Wir haben natürlich eine ganz breite Mitgliederbasis. Auch wurde viel in die Digitalisierung investiert, das ist klar, einerseits durch die Fördermaßnahmen derÜberbrückungshilfe 3, aber davor auch schon, auch während des ersten Lockdowns und man kann auf jedem Fall sagen, dass vor allem das Plattformgeschäft stark zugenommen hat. Das heißt, wir haben auch einen Partner, der eine Plattform, einen Marktplatz anbietet. Da haben wir ein enormes Wachstum von unseren Mitgliedern. Andere, nicht die große Masse, aber einige, haben auch in eigene Webshops investiert, in eigene Weblösungen. Bei beiden Themen muss man nachher auf jeden Fall auch betrachten, wie die langfristige betriebswirtschaftliche Situation aussieht, aber vor allem in Zeiten des Lockdowns hat es natürlich vor allem liquiditäts- und warentechnisch unsere Mitglieder schon stark unterstützt.
So ein Online-Shop ist auch viel Arbeit, sind die Wettbewerber doch um ein vielfaches mehr. Welche Informationen aus der Beobachtung der Wettbewerber sind da für die Händler beispielsweise interessant, um sich besser aufzustellen?
Ein Modehaus XY kann mit seinem Warenbestand trotz der hohen Warenexpertise nie auf dem Niveau von einem Zalando oder About you alleine kommen. Für viele unserer Mitglieder ist ein Webshop, wenn sie denn einen haben, dann hauptsächlich ein Marketingposten, ein Kundenbindungstool, um dem Stammkunden zum Beispiel anzubieten auch sonntags vom Sofa aus zu gucken: “Oh beim Modehaus meines Vertrauens ist gerade ein weißes Hemd im Angebot. Montag muss ich zu einem Vorstellungsgespräch, dann gehe ich da mal kurz es abholen.” Ich kann auch schauen, ob sie es sogar eventuell mit Click&Collect, Click & Reserve schon für mich bereitlegen können. Wenn ich zum Beispiel weiß, dass ich bei dem Eterna-Hemd M oder L trage, dann bringt es mir vielleicht sogar jemand persönlich vorbei. Weil ich vielleicht auch noch den Einkäufer oder die Modefachverkäuferin kenne. In diesen Fällen ist der Online-Shop eher ein Kundenbindungstool, um eben dem Endkunden, dem Endkonsumenten den gleichen Mehrwert eines Online-Verkäufers zu bieten und trotzdem die Vorteile des stationären Modehandels beizubehalten.
Was nun die Wettbewerber online betrifft: Ich kann mir vorstellen, dass Reduzierungen angeguckt werden, und dann halt die Shopinformationen der Konkurrenten in der Nähe – das heißt, wer bietet welchen Lieferservice oder welche Kundenbindungsmaßnahmen an.
Bei unseren Kunden gehe ich davon aus, dass sie nicht extra im Vergleich zu anderen Online-Shops ihre Ware nachordern oder ähnliches, sondern dass sie ihre bereits bestellte Ware einfach abspielen. Da hat der Webshop von Zalando erst mal wenig Einfluss, was der Mode-Einzelhändler nachher beim Lieferanten einkauft.
Worin könnte ein Wettbewerbsanalyse-Tool die Geschäfte sowohl im stationären Handel wie auch bei ihrer Online-Präsenz zum Beispiel unterstützen?
Ich glaube, da könnte ein Mehrwert dadurch dargestellt werden, dass man schaut, welche Produkte besonders gut oder besonders schlecht laufen, welche Produkte werden besonders stark reduziert auf den gängigen Plattformen, in den gängigen Online-Shops. Da kann ich sehen, wenn ein Produkt gut läuft, eine Produktkategorie, habe ich die Möglichkeit, sie kurzfristig auch als stationären Händler dann nachzuschießen.
Ich kann schauen, bei mir sieht es auch gut aus mit dem Produkt, online auch sehr gut, dann ist es noch mal eine Bestätigung, A mehr Ware nachzuschießen, mehr Ware zu organisieren und auf der anderen Seite natürlich auch ein Preisindikator. Ich kann sehen, ja andere Produkte werden stark reduziert, werden vielleicht nicht so gut nachgefragt, um dann eben auch die eigene Entscheidung in Abschreibungstool zu stellen. Wann schreibe ich welche Produkte wie stark ab oder reduziere sie eben.
Natürlich auch was die Shops gerade neu bekommen ist interessant, und dann auf der Basis zu sehen, wenn was neu reinkommt: Läuft es schon mal gleich gut an, läuft es schlecht an? Denn es gibt ja immer einen Vororder-Anteil sowie einen Anteil, der kurzfristig bestellt werden kann. Und den Anteil gilt es eben dann, sinnvoll zu nutzen.
Was wünschst du dem Einzelhandel für das zweite Halbjahr 2021?
Ich sag mal mit gutem Optimismus und im guten Optimismus aus der Situation rauszugehen, die Chance zu nutzen. Ich glaube, da gibt es jetzt eine gute Chance für diejenigen, die bei uns doch einige sind, die es durch die harten Zeiten auch geschafft haben, jetzt den Kunden Gott sei Dank mit Freude wieder bedienen zu dürfen, mit einem tollen Produkt wieder zur Verfügung zu stehen. Außerdem wünsche ich, dass es einfach keine weiteren Lockdowns oder Restriktionen erst mal gibt. Dass man hoffen kann, dass man tolle Geschäfte machen kann mit tollen Kunden.
Ich danke dir vielmals für das ausführliche Interview und die guten Einblicke in die Arbeit von Unitex!
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